Vielfältige junge Street Art in Passau

13 Schülerinnen des Adalbert-Stifter- Gymnasiums durften in den letzten eineinhalb Jahren das Projektseminar „Street Art“ im Fach Kunst genießen. Die entstandenen Arbeiten waren bzw. sind alle im urbanen Raum Passaus zu sehen. 

Zu Beginn des Seminars in der Q11 wurden theoretische Grundlagen zu vielfältigen künstlerischen Äußerungen der Street Art gelegt. Kursleiter Florian Oberhansl legte dabei besonders Wert auf die unterschiedlichen Möglichkeiten, die Kunst im öffentlichen städtischen Raum bietet. Als gemeinsames Kennzeichen von Street Art ist die temporäre Anbringung bzw. die Vergänglichkeit vieler Werke zu nennen sowie das Sichtbarwerden vor einem breiten Publikum, da man an Orten mit Kunst konfrontiert wird, wo diese oft nicht erwartet wird. 

Mit Rita Loher-Bronold hatte der Kurs eine Unterstützerin der Idee im Kulturamt der Stadt Passau gewinnen können, die stets offen und hilfsbereit als Ansprechpartnerin zur Verfügung stand. 

Unsere Schülerinnen entwickelten aus einer Vielfalt von Modellen und Skizzen jeweils ein Konzept, das sie als Abschlussarbeit im öffentlichen Raum zu präsentieren hatten. Dabei waren neben der Konzeption und der technischen Umsetzung schwierige Hürden zu bewältigen wie u.a. die Genehmigungen für Orte oder Flächen, die zu den Arbeiten passen. Die Organisation ihrer eigenen Kunst war wichtiger Bestandteil des Seminars. Natürlich konnte nicht jeder Wunschort bewilligt werden wie die Umgestaltung einer Fassade in der Bahnhofstrasse oder ein großflächiges Graffiti an der Marienbrücke. Auch das Scheitern, Umdenken und neu Anpassen war für die Schülerinnen ein erfahrungsreicher Entwicklungsprozess und bot neue Chancen. 

Zwei Schülerinnen konnten ihre Werke bereits im Sommer präsentieren. Ida Jarzombek schuf den „Schutzhandschuhengel“ vor der Votivkirche, der sich im Nu durch Instagram als einer DER Passauer Selfiespots entpuppte. Knapp 200 mit Draht ausstaffierte Latexhandschuhe fungierten als Engelsflügel. Die Arbeit war zwischenzeitlich sogar an die Stadt Roth verliehen worden und befindet sich demnächst in einer hiesigen Praxis. 

In der Kunstnacht stellte Rosina Beck ihr lebensgroßes Gemälde „Mother Earth“ aus, das einen weiblichen Akt von einer üppigen Flora umgeben darstellt. Eine romantische und gekonnte Umsetzung der Mutter Erde, auf die sich die Generation der jungen Künstler glücklicherweise zurückzubesinnen scheint. 

Eine im wahrsten Sinne des Wortes farbenfrohe Idee konnte Jacqueline Krenn verwirklichen, als sie die Treppenstufen des Montessori-Kindergarten in Auerbach bemalte. Die Kinder hatten große Freude am neuen Farbkonzept, das deren spielerische Unbefangenheit widerspiegelt. 

Lea Weidenthaler brauchte sich nicht weit von der Schule zu entfernen, um mit ihrer Idee eine seit Jahrzehnten traurige Wand zu gestalten. Sie brachte im Fahrradhof des ASG ein ca. fünf Quadratmeter großes Graffiti an, das ein Tetrisspiel darstellt. Inspiriert dazu hatten sie die großen Steinblöcke an der Donaulände auf der Angerseite, die auch den ursprünglichen Wunschort bildeten. 

Ebenfalls auf unserem Gelände entstand eine sehr ungewöhnliche Street Art von Anna Unrecht. Die tristen Bauzäune der Baustelle vom Innkubator veranlassten sie, einen davon mit Stoffen zu „besticken“, der nun die Symbolfarben der Dreiflüssestadt und deren Skyline trägt. Die in ihren Augen drei wichtigsten Gebäude sind dort nun bis Ende Februar zu bewundern, nämlich der Dom, das Oberhaus und die Stadtgalerie. 

Die Idee von Isabelle Kremer war noch unkonventioneller, denn sie entschied sich für eine Performance. In ein selbst genähtes Oktopuskostüm gekleidet ließ sie sich an einem Oktobersamstag in einem vermüllten Einkaufswagen durch die Stadt schieben. Ein mutiger und Aufsehen erregender Kommentar zur Problematik im Umgang mit Abfall in unseren Weltmeeren. 

Einer ähnlichen Thematik widmete sich z.T. Viola Wiesbauer, indem sie Stoppschilder umgestaltete. Das Wort „Stop“ wurde ersetzt durch Begriffe wie „Bad Mood“, „Consume“, „Drugs“ oder „Racism“. 

Noch weiter vom eigentlichen Begriff der Street Art entfernte sich Sophie Hagel. Sie entwarf ein eindringliches Plakat gegen Drogenkonsum, das v.a. Jugendliche ansprechen soll. Seit Donnerstag darf es als Bild mit Ton und Musik unterlegt vor jeder Filmvorführung in den Passauer Kinos des Cineplex im Werbeblock laufen. Ein größeres Publikum kann man mit seiner Botschaft fast nicht erreichen. 

Michalina Gabrusiewicz konnte in letzter Minute ihre Vorstellung „Wunschbaum“ umsetzen. Sie schuf eine der interaktivsten Arbeiten des Seminars, indem sie sich einen Wintertag lang in den Stadtpark setzte und Passanten aufforderte, ihren innigsten Wunsch auf einen weiß-roten Zettel zu schreiben und an einen Baum zu Knoten. So entstand einerseits durch das Farbenspiel und die große Anzahl von Mitwirkenden ein fünftägiges Land Art–Meisterwerk, andererseits eine subtil-poetische Sammlung von Wünschen und Träumen. 

Da ihre eigentliche Konzeption nicht genehmigt werden konnte, fertigten Laura Renschler und Alina Dreilich Tafelbilder in einer verkleinerten Variante an. Erstere sprühte mit Buchstabenschablonen Textauszüge ihrer Lieblingsband und befestigte darüber ein rotes Tau, das zu einer Rose geformt war. Letztere sprühte ebenfalls mit selbst gefertigten Schablonen in Zeichensprache den Satz „Du bist wundervoll“ und formte mit Modelliermasse dieselbe Botschaft darunter in Blindenschrift. Demnächst findet es Platz in einem Gemeindezentrum. 

Altina Hajdari entschied sich von vorne herein mit ihren drei kleinformatigen Gemälden für eine Stelle in der Schule. Das Kollegstufenzimmer wird nun von persönlich-kryptischen Symbolbildern geschmückt. 

Seminarleiter Florian Oberhansl ist mehr als zufrieden mit seinen Schützlingen, die ihn zwar terminlich des Öfteren nervös werden ließen, aber mit qualitativ hochwertigen Arbeiten punkteten und den Begriff der Street Art sicherlich ein Stück erweitern konnten. 

Florian Oberhaus